GeoWeg Schinznach-Bad — Habsburg — Scherz
Ursprünglich anlässlich der 700 Jahrfeier der Eidgenossenschaft durch den Kanton Aargau geschaffen, hat der GeoWeg eine Überarbeitung erfahren, die aus Überzeugung heraus erfolgt ist und ebenso zeitgemäss wie respektvoll gegenüber dem Erstprodukt und der Landschaft sein soll.
Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen beim Besuch des GeoWegs – virtuell und physisch
Kernteam GeoWeg Schinznach-Bad — Habsburg — Scherz
Zum 700jährigen Bestehen der Eidgenossenschaft im Jahr 1991 hat der Kanton Aargau im Gebiet Schinznach-Bad — Habsburg — Scherz einen Wanderweg zu Geologie, Ökologie und Siedlungs- und Landschaftsgeschichte geschaffen. Dieser lehrreiche «Gang durch Erdgeschichte und Gegenwart in Natur und Landschaft», ist in den letzten Jahren etwas in Vergessenheit geraten und drohte gar ganz zu verschwinden.
Der Verein Tourismus Brugg hat 2023 begonnen, dem GeoWeg neues Leben einzuhauchen. In Zusammenarbeit mit dem Kanton Aargau und den drei Standortgemeinden konnte die physische Instandstellung und der Unterhalt der Informationstafeln geklärt werden. Die Unterstützung des Lotteriefonds des Kantons Aargau ermöglichte die Schaffung eines digitalen Begleitprodukts. Wie die einst in Papierform erschienene, aber mittlerweile vergriffene, Broschüre zum GeoWeg gibt dieses interessierten Besucher:innen die Möglichkeit sich vertieft mit den Themenfeldern zu beschäftigen. Das digitale Begleitprodukt erlaubt den Zugriff auf die aktualisierten und erweiterten Informationen auf den Stelltafeln, eine interaktive Karte vereinfacht die Navigation und ein interaktiver Atlas erlaubt eigene Untersuchungen in einer modernen Umgebung.
Generell richtet sich dieses digitale Begleitprodukt zum GeoWeg an Besucher:innen, die den Weg bewusst besuchen, doch sind auch alle anderen eingeladen, sich in der virtuellen Welt umzusehen und sich zu einem vielleicht längeren Besuch zu einem späteren Zeitpunkt inspirieren zu lassen.
Aus der Überzeugung heraus, dass der GeoWeg einen sehr geeigneten ausserschulischen Lernort für Lernende und angehende Lehrende darstellt, findet sich ein Bereich mit hilfreichen Informationen zum Lehrplanbezug, zu Aktivitäten im Feld, zur Vor- und Nachbereitung, zum Umgang mit den bereitgestellten und verlinkten Tools und zu weiteren Vertiefungsmöglichkeiten.
Das Gebiet Schinznach-Bad — Habsburg — Scherz ist für den Aargau gleichermassen vielfältig wie charakteristisch. Die Gesteinsschichten aus der Trias und Jurazeit sind durch die Bewegung der Erdplatten zerbrochen oder wurden steilgestellt und bilden die Erhebungen der Landschaft. Durch Wasser in flüssiger und fester Form wurden diese durchschnitten und abgetragen. Die Täler bildeten sich aus. Auf dem GeoWeg kann die Überschiebung des Faltenjura auf den Tafeljura, die Verbreiterung und Eintiefung der Täler durch Gletscher und Flüsse erfahren werden.
Auf kleinstem Raum gibt es ein umfangreiches Gesteins- und Landschaftsformeninventar, das — mit Ausnahme einer Schichtlücke in der Kreidezeit — 200 Millionen Jahre Erdgeschichte abdeckt. Die ältesten Schichten finden sich am höchsten Punkt; ein geologisches Rätsel, welches es zu lösen gilt. Weniger rätselhaft aber genau so interessant sind ehemalige Steinbrüche und Gruben der für die wirtschaftliche Entwicklung des Aargaus wichtigen mineralischen Rohstoffe wie Kalk, Gips, Mergel und Kies. Aus geologischer und historischer Sicht sind die zur Eisengewinnung verwendeten Bohnerzvorkommen bei Scherz besonders spannend. Diese Vielfalt fördert auch die Bildung von regionalen Pflanzen- und Tiergesellschaften, die wie damals im Spannungsfeld «Mensch-Umwelt-Interaktion» gezeigt werden sollen.
Eine zentrale Rolle in der Landschafts- und Siedlungsgeschichte des Gebietes spielt das Wasser. Flüsse prägten und prägen die Landschaft über Jahrtausende. Sie stellten natürliche Hindernisse und Bedrohung dar und definierten so geschützte und strategisch günstige Lagen. Auf einem Geländesporn zwischen Aare und Reuss entstand Vindonissa, eine Siedlung, die auf die keltischen Helvetier zurückgeht. Spätestens Ende des 1. Jahrhunderts v.Chr. geriet die Siedlung unter römische Kontrolle und wurde zur Militärstation ausgebaut. Aufgrund der Verkehrswege und der damaligen Grenzen des römischen Reiches war sie strategisch wichtig. Von hier aus konnten die Verkehrsrouten nach Norden und Süden überwacht werden und der Ausbau des Legionärstandorts begünstigte die Entwicklung der zivilen Siedlung, was Vindonissa auch zu wirtschaftlicher und kultureller Bedeutung verhalf. Mit der Eroberung von Gebieten nördlich des Rheins rückte die Siedlung ab dem 2. Jahrhunder n.Chr. ins Hinterland und die Verlegung von Truppen führte zur Aufgabe des Legionärsstandorts. Jedoch lassen die errichteten Bauten wie das Forum, das Amphitheater oder das unterirdische Aquädukt, das bis ins 7. Jh. existierende Münzprägerecht und der Bischofssitz auf eine Zentrumsfunktion schliessen.
Die durch die Flusstäler verlaufenden Hauptverkehrsachsen begünstigten weiterhin die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung der Region. Ein Grossreich wurde von der Habsburg aus verwaltet und der Aareübergang bei Brugg liess der Stadt entsprechende Bedeutung zukommen. Spätestens mit dem Aufkommen von Eisenbahn und motorisiertem Individualverkehr wurden aber möglichst kurze Verbindungen angestrebt. Dies führte zur Realisierung von anspruchsvollen Projekten, wie der Untertunnelung des Bözbergs und des Wülpelsbergs unter der Habsburg und der Querung des Schinznacherfelds und der Aare. Diese Projekte hinterliessen Spuren in der Landschaft und lieferten wichtige Erkenntnisse über die geologische Beschaffenheit der Region. Wissen, welches interessierte Besucher:innen auf dem GeoWeg erfahren können.
Es ist aber nicht nur das Wasser an der Oberfläche, welches Landschaft und Siedlung prägte und prägt. Dort, wo sich die Aare in Nord-Süd Richtung durch die steilgestellten Schichten des Faltenjuras geschnitten hat, gelangt seit dem 17. Jahrhundert heisses Thermalwasser an die Oberfläche. Rund um die Quelle entstand ein Kurbetrieb, der das Landschaftsbild seit Jahrhunderten beeinflusst und die Turbulenzen des regionalen, nationalen und internationalen Tourismus über fast zwei Jahrhunderte durchlebt hat: Bad Schinznach.
Wasser aus dem Untergrund wurde aber auch genutzt, wenn es nicht warm ist. Die südlich von Scherz am Chestenberg entspringenden Quellen dienten nicht nur der Trinkwasserversorgung sondern auch als Löschwasser bei Bränden und vor allem zum Betreiben der Mühlen. Die Energie des Wassers machte sich der Mensch mit dem Bau des Aarekraftwerks Möriken-Villnachern Mitte des 20. Jahrhunderts in noch viel grösserem Masse zu Nutze und hat dabei bedeutende Spuren in der Landschaft hinterlassen. Weniger landschaftsprägend und mit sehr lokaler Wirkung ist die Energiegewinnung aus dem Thermalwasser in Bad Schinznach, illustriert aber die Bestrebungen einen zentralen Reichtum der Region – die Wasservorkommen – möglichst optimal und vielfältig zu nutzen.
GeoWeg-Startpunkt ist idealerweise der Bahnhof Schinznach-Bad (Einführungs-Infotafel zum GeoWeg). Weitere mögliche Ausgangspunkte sind das Kurzentrum Schinznach-Bad (Station 2), die Habsburg (Station 9) Scherz, sowie grundsätzlich jede Station. Der gesamte Rundgang (Route 1, 11 km, 23 Stationen) beansprucht praktisch einen ganzen Tag, die knapp 7 km lange Route 2 kann in einem halben Tag bewältigt werden, die Routen 3 und 4 dauern je nach Verweildauer bei den Stationen ca. 2 Stunden.
Der komplette Rundgang führt von den quartären Aare-Schottern durch die steilgestellten Schichten der Trias und des Jura auf die Habsburg. Weiter geht es über die glazialen Ablagerungen der Beringen-Eiszeit zu den Scherzer Weihern, durch die Molasse und Bolustonschichten des Tertiärs und die Kalksteinschichten des späten Jura wieder hinab zu den Schottern der Aare. Distanz: 11 km
Der verkürzte Rundgang verzichtet auf den Abstecher nach Scherz und kehrt nach der Station zu den Eiszeiten und dem Klopfplatz nach Schinznach-Bad zurück. Distanz: 6.5 km
Die Route beginnt bei der Postautohaltestelle "Dorfplatz" in Habsburg. Der kurze Aufstieg zur Habsburg lohnt sich, der Ausblick über die vom Menschen umgestaltete Auenlandschaft, die Kontaktzone zwischen Falten- und Tafeljura und die glazialen Ablagerungen des letzten Gletschervorstosses vermitteln einen ersten Überblick über die thematischen Schwerpunkte der Route. Durch die älteren Schichten des Jura geht es hinab ins relative junge Aaretal, wo Wasser nicht nur beim Baden, sondern auch bei der Energiegewinnung eine lange Tradition hat. Distanz: 4 km
Von Scherz führt die Route an den Weihern vorbei und anschliessend durch die Schichten des Tertiär und Jura hinab nach Schinznach-Bad. Auf diesem Weg erhält man einen Einblick in die lokale Rohstoffgewinnung, wie z.B. Natursteine, Bohnerz (Eisen) oder Kies. Distanz: 6 km
Die Route führt von Scherz über die glazialen Ablagerungen zum Muschelkalk der Habsburg und anschliessen durch die Schichten des Jura hinunter zu den quartären Ablagerungen von Schinznach-Bad, wo Wasser an der Oberfläche und im Untergrund zentrales Thema ist. Distanz: 6 km